Matthias Freivogel mit Bundesrätin Simonetta Sommaruga am 1. August im Museum Lindwurm in Stein am Rhein.
Anwaltskanzlei Rosengasse 16, Schaffhausen.
Standpunkte und Aussichten
BILDUNGSPOLITIK IN DER SCHWEIZ; AUSWIRKUNG AUF SCHAFFHAUSEN
Einheitliche Schulsysteme sind im Zeitalter hoher Mobilität ein Muss, sodass ein Kantonswechsel für die Kinder (schulisch) nicht zur Belastung wird. Weiter hat unser Kanton dafür zu sorgen, dass möglichst rasch und flächendeckend ein bedarfsgerechtes Angebot an Tagesschulen und Betreuungsangeboten entsteht, damit jede Familie ihr eigenes Familienmodell leben kann und fremdsprachige Kinder schnell integriert werden. Die öffentlichen Leistungen für die Bildung sind auszubauen, denn Bildung garantiert Wohlstand.


LEHRSTELLENSITUATION - VERBESSERUNGSVORSCHLÄGE
Zu viele Jugendliche finden einfach keine Lehrstelle oder nur eine, die nicht optimal ihren Wünschen entspricht. Die Kantonale Dienststelle „Mittelschule und Berufsbildung“ leistet gute Arbeit; muss aber die Anstrengungen vor allem auf dem Sektor Berufsbildung noch verstärken. Es sollte geprüft werden, ob in Betrieben, die zeitweise in wirtschaftlichen Schwierigkeiten stecken, mit finanziellen Beihilfen die Schaffung von (zusätzlichen) Lehrstellen ermöglicht werden könnte. Auch die Schaffung eines Berufsbildungsfonds ist abzuklären.


ASYLWESEN / ZUWANDERUNGS-PROBLEME UND LÖSUNGEN
Von einer Überfremdung kann nicht gesprochen werden. Wir sollten nicht vergessen, dass frühere Generationen die Einwanderung - vor allem aus Südeuropa - wollten, um den damaligen Wirtschaftsaufschwung mit billigen Arbeitskräften zu fördern. Auch heute benötigen wir ausländische Arbeitskräfte, um die vollen Auftragsbücher der boomenden Wirtschaft korrekt erfüllen zu können. Den in die Schweiz ziehenden Menschen müssen wir aufzeigen, dass wir nicht das Land sind, wo Milch und Honig quasi gratis fliessen, sondern dafür eine angemessene persönliche Leistung erbracht werden muss. Weiter erwarte ich eine Annahme unserer verfassungsmässigen Grundwerte sowie eine Anstrengung zur Integration in unsere Gesellschaft. Diese wiederum muss sich offen zeigen und Angebote machen, welche die Integration erleichtern (Sprachkurse, Ausbildung, genügend Lehr- und Arbeitsstellen).
Die Asylverfahren müssen möglichst an einem Ort konzentriert und jedenfalls beschleunigt werden. Sind die Asylentscheide rechtskräftig geworden, so sind sie ebenso konsequent wie human umzusetzen. Die Personenfreizügigkeit mit den EU Staaten muss erhalten bleiben; eine Rückkehr zur früheren Lösung mit Kontingenten ist nicht zweckmässig. Die Probleme mit der Zuwanderung sind mit geeigneten flankierenden Massnahmen (Bau von preisgünstigem Wohnraum, Einführung von Mindestlöhnen, etc.) sowie konsequentem und hartem Vorgehen gegen Missbräuche anzugehen. Wird von der Schweiz gegenüber der EU die Personenfreizügigkeit in Frage gestellt, so müssen wir damit rechnen, dass die EU ihrerseits alle anderen bilateralen Verträge mit der Schweiz in Frage stellen wird. Klar ist jedenfalls: Fällt der bilaterale Weg mit der EU in sich zusammen, werden wir massive Nachteile in Kauf nehmen müssen und zugleich akzentuiert sich die Frage eines allfälligen EU Beitrittes. Einen solchen lehne ich jedoch ab.




Gedankenaustausch mit Botschafterin Carla Del Ponte in Buenos Aires im Oktober 2008.
JUGENDGEWALT, ZERSTÖRUNGSWUT
Gewalt wird in der Regel von Personen ausgeübt, die in ihrer persönlichen Wahrnehmung nichts zu verlieren haben und für sich keine Perspektiven sehen. Jugendliche, die sinnlos Gewalt ausüben, haben häufig keine oder eine unbefriedigende Lehrstelle oder keinen Job. Sie haben Mühe in der Schule und mit dem Elternhaus. Sie sind daher «abgelöscht» und flüchten sich häufig in übermässigen Konsum von Alkohol (und andere Drogen). Die Schule muss heute mehr denn je auch ein Ort sein, an dem die Kinder und Jugendlichen soziales, auf gegenseitige Rücksichtsnahme ausgerichtetes Verhalten lernen. Zudem müssen Elternhaus und Schule vermehrt dazu gebracht werden, gemeinsame Erziehungsziele zu verfolgen. Massive Straftaten gehören massiv sanktioniert. Doch mit Strafen allein ist es nicht getan: Die Täter müssen möglichst schnell durch konsequente Massnahmen resozialisiert und vor allem in die Arbeitswelt (ein)geführt werden. Nur so erhalten Sie eine Perspektive für ihr Leben und Rückfälle können vermindert werden.




NÖTIGES, ABER MASSVOLLES WACHSTUM
Die Bevölkerung im Kanton Schaffhausen ist, im Vergleich zu den anderen Kantonen, überdurchschnittlich alt. Das bedeutet unweigerlich, dass in den folgenden 10 bis ca. 30 Jahren die Gesundheits- sowie die Betreuungskosten (vorab im Alter) überproportional ansteigen werden, was für den Kanton nach neuen Berechnungen gut und gern pro Jahr 10 Millionen Mehraufwand bedeuten kann. Dieser Herausforderung können wir durch dadurch begegnen, dass vor allem die junge Bevölkerung im Kanton Schaffhausen wachsen muss. Und nicht wenig! Verharren wir in der Stagnation oder ist das Wachstum zu schwach, werden wir über kurz oder lang zum Übernahmekandidat. Ein deutliches, gleichwohl aber massvolles Bevölkerungswachstum ist nur dann zu erreichen, wenn der Kanton als Wohn- und Arbeitsort attraktiv bleibt und an Attraktivität zulegt, mit Tagesschulen, qualitativ hohen, schnell erreichbaren Arbeitsplätzen, intakter Landschaft, überdurchschnittlichen Kultur- und Sportmöglichkeiten sowie einer den staatlichen Leistungen entsprechenden vernünftigen Steuerlast. Dieses Gleichgewicht zu finden ist eine sehr anspruchsvolle Aufgabe. Sie kann nur erfüllt werden, wenn das Denken an sich selbst den eigenen Sinn bzw. die Verantwortung für das Gemeinwohl nicht verdrängt.



KLIMASCHUTZ UND MOBILITÄT
Der öV bietet - neben dem Velo für den Langsamverkehr - das grösste Potenzial, den Schadstoffausstoss, den unsere Mobilität verursacht, zu reduzieren. Die - ökologische! - Devise lautet deshalb: Ausbau des öV, sodass vermehrt umgestiegen wird. Das nützt letztlich auch dem motorisierten Individualverkehr. Als Meilenstein in diese Richtung gilt der Halbstundentakt nach Zürich, und als nächstes muss nun die Bahnstrecke nach Basel, die Hochrheinbahn, durch eine vollständige Elektrifizierung aufgerüstet und das Angebot verbessert werden. Aber auch innerhalb des Kantons ist das ÖV-Netz zu optimieren, namentlich im Nachtbusbereich.Und mit einem genialen Viadukt über das Mühlental («Duraduct») für Velos und Fussgänger können die höher gelegen Quartiere vom Langriet in Neuhausen bis nach Herblingen quasi auf gleicher Ebene verbunden werden. Dadurch kann der individuelle (private) Autoverkehr (samt Lärm!) innerhalb der Agglomeration Schaffhausen markant reduziert und die Luftqualität in diesen Wohngebieten verbessert werden. Wie in Kalifornien müssen wir uns sodann bei der Reduktion des Schadstoffausstosses beim Verkehr ehrgeizige Ziele setzen und mit Fördermassnahmen Unterstützung bieten, damit diese erreicht werden können.







KLIMASCHUTZ HEISST VORAB ENERGIE BESSER NUTZEN
Der Klimawandel macht auch vor Schaffhausen nicht Halt. Die bessere Energienutzung (Minergiestandard bei Gebäudesanierungen, Energiesparlampen, massive Reduktion des Stand-by-Betriebs) und die Förderung von erneuerbaren Energien (z.B. der Wind- und Solarenergie) entlasten das Klima, schaffen Arbeitsplätze und stützen das lokale Gewerbe. Und das Bekenntnis des Kantons Schaffhausen um Atomausstieg mit gleichzeitiger Förderung einheimischer Energien bringt zusätzlichen Schub.


ATOMENDLAGER IN BENKEN VERHINDERN
Der Bau eines Atomendlagers in unserer unmittelbaren Nachbarschaft bedeutet eine riesige Last für unsere Nachkommen. Unser Regierungsrat muss den Lebens-, Wirtschafts- und Naherholungsraum Schaffhausen schützen und alles daran setzen, dass ein solches Endlager für mittel- und hochradioaktive Stoffe nicht realisiert wird. Den Bau neuer Atomkraftwerke lehne ich ab. Mit einer ehrgeizigen Zielsetzung zur Reduktion des Energiekonsums (2000-Watt-Gesellschaft) und der konsequenten Arbeit in diese Richtung benötigen wir keine neuen Atomkraftgiganten mit hohen Sicherheitsrisiken zur Stromerzeugung.



WIRTSCHAFTLICHE ENTWICKLUNG / STEUERPOLITIK
Bei der Wirtschaftsförderung ist vermehrt darauf zu achten, dass nicht nur Firmen mit (wenigen) Büroarbeitsplätzen neu angesiedelt und unterstützt werden. Der Cluster Verpackungstechnologie und die damit sich ergebenden Möglichkeiten für neue Arbeitsplätze in diesem Bereich sind stärker zu fördern. Vor allem bei der Förderung der Energieeffizienz und der alternativen Energieproduktion (Wind- und Solarenergie) sind noch mehr finanzielle Mittel nötig, als wie sie vom Kanton jetzt (endlich) bereit gestellt werden. Der Kanton Schaffhausen muss sich zum Ziel setzen, auf diesem Gebiet klar zur Nummer 1 in der Schweiz zu aufzusteigen. Auch ist auf kommunaler und kantonaler Ebene mit dem Vorziehen von Sanierungen bei Hoch- und Tiefbauten, aber auch bei der Realisierung von Neubauten massiv zu investieren. Kanton und Stadt Schaffhausen haben in den letzten Boomjahren die Steuern massiv gesenkt und konnten Schulden abbauen. Jetzt, wo die Bankzinsen auf einem Rekordtief sind, muss neu investiert werden, damit die Arbeitsplätze erhalten bleiben, denn von jedem Einkommen fliessen auch wieder Steuereinnahmen zurück. Steuersenkungen sind jetzt fehl am Platz! Im Gegenteil: Um den Kanton für alle attraktiv zu halten, müssen genug Mittel bereit stehen, sodass auch massvolle Steuererhöhungen kein Tabu sind. Die wirtschaftliche Entwicklung hängt wesentlich davon ab, ob wir eine gute Infrastruktur sowie ein erstklassiges Bildungs- und Gesundheitswesen bereit stellen können.












SICHERHEIT
Die Sicherheit ist ein zentraler Bestandteil unserer Lebensqualität: Wir fühlen uns nur da wohl, wo wir sicher sind. Schaffhausen kann vergleichsweise auf eine hohe Sicherheit verweisen; das muss unbedingt so bleiben. Kanton und Gemeinden dürfen daher in ihren Anstrengungen bei den Sicherheitsorganen wie Polizei und Justiz, Feuerwehr sowie Katastrophenschutz und Umweltschutz nicht nachlassen. Mittelfristig benötigt der Kanton ein neues Sicherheitszentrum, wofür die Planungen bereits laufen.


SCHAFFHAUSEN IN DEN NÄCHSTEN 10 BIS 20 JAHREN
Der «Kantönligeist» wird in der ganzen Schweiz immer mehr hinterfragt: Bei den Steuern, bei der Bildung und im Gesundheitswesen. Die Entwicklung geht in Richtung eines neuen «Kantonsgeistes», das heisst zu grösseren Einheiten, ohne dabei die föderale Struktur des Kantons bzw. der Schweiz zu untergraben und die Bürgernähe einzubüssen. Unser Kanton, seine Gemeinden und das Schaffhauser Volk werden sich mit dieser Fragestellung zu befassen haben. So haben der Thurgauer Alt-Regierungsrat Hans-Peter Ruprecht und Regierungsleute aus der Westschweiz mehrfach erklärt, es müsste die Bildung grösserer Kantonseinheiten geprüft werden, um das zunehmend grösser werdende Gefälle zwischen den Kantonen zu reduzieren. Für den Kanton sowie die Gemeinden bedeutet dies, dass sie leistungsfähiger werden müssen. Und für die Bevölkerung heisst es, vor allem in den idyllischen kleineren Gemeinden, aktiv an der Gestaltung mitzumachen und die Ämter ohne Schwierigkeiten besetzen zu können. Mit dem Erhalt der überdurchschnittlichen Lebensqualität sowie guten Rahmenbedingungen für die Wirtschaft und der Wahrung unserer Identität als «klein aber oho» sind wir gut gerüstet für die Zukunft.


Schaffhausen braucht Erneuerung!